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September 7, 2021

Hartmetall – vom Zufallsprodukt zum Multitalent für den Verschleißschutz

Es klingt ein wenig wie aus der Alchimistenküche: Eigentlich wollte der französische Chemiker Henri Moissan 1892 in dem von ihm erfundenen elektrischen Ofen künstliche Diamanten herstellen. Doch es kam anders, denn zwar erzielte er stattdessen seltsame, besonders harte Kristalle. Leider – oder zum Glück – handelte es sich dabei nicht etwa um künstliche Diamanten, sondern um Verbindungen von Metallen mit Kohlenstoff. Moissan entdeckte sogenannte metallische Karbide – und legte damit unbewusst den Grundstein für eine der verschleißfestesten Werkstoffgruppen der kommenden Jahre.
Cemented carbide

Nicht ganz so hart wie Diamant, waren diese Karbide dennoch härter als die meisten bis dahin bekannten Hartstoffe. Da lag es nahe, beispielsweise aus Wolframkarbid Werkzeuge und extrem widerstandsfähige Komponenten herzustellen, die sogar Stahlteile in Sachen Lebensdauer weit hinter sich ließen. Der Erfolg dieser Erfindung blieb aber zunächst aus, da die Wolframkarbid-Produkte viel zu spröde waren, wohl da die erschmolzenen Gusskarbide meist Lunker- und Grafitausscheidungen enthielten. Und so bekam Henri Moissan den Nobelpreis in Chemie nicht für die Karbid-Entdeckung, sondern für die Untersuchung und Isolierung des Elements Fluor – sowie die Einführung des nach ihm benannten elektrischen Ofens. 

Erst spröde Erscheinung dann zäher Brocken

 

Sollte damit die kurze Geschichte der Karbide schon an ihrem Schlusskapitel angekommen sein? Noch lange nicht, denn Hugo Lohmann und Otto Voigtländer gelang es 1914, verschleißfeste Werkstücke herzustellen, indem sie geschmolzenes Wolframkarbid zu feinstem Pulver zerkleinerten, woraufhin Pressen und Sintern folgten. Auch hier bestand das Problem: zu spröde! Um die Zähigkeit zu verbessern, wurden Eisenmetalle, Chrom und Titan hinzulegiert. 

 

Für den entscheidenden Schritt in Richtung Erfolgsstory dauerte es bis 1923. Da gelang Karl Schröter bei der Osram-Studiengesellschaft der Durchbruch bei der Entwicklung von Sinterhartmetallen. Dazu mischte er zunächst Wolframmonokarbidpulver (chemische Formel WC) mit 5-10 % Kobaltpulver und erhitzte die aus diesem Gemisch entstandenen Presslinge nahe an den Schmelzpunkt von Kobalt. Was geschah? Eine eutektische Schmelze setzte ein, weil sich Wolframkarbid in Kobalt auflöst. Diese Schmelze benetzt Wolframkarbidkristalle in Form eines Hartlots und zieht sie auf kleinsten Raum zusammen. Bei diesem Schrumpfprozess entsteht ein sehr dichter Körper. Und zwar mit bis damals unerreichten Festigkeitswerten! Endlich konnte sich das Hartmetall als ernstzunehmende Werkstoff am Markt etablieren – besiegelt mit dem ersten Patent am 30. März 1923.

Hartmetall – was steckt drin?

Seit diesen fast 100 Jahren hat sich einiges getan in der Entwicklung – weg von der Pionierleistung hin zum Verfeinern? Teils teils, da es schlichtweg „das Hartmetall“ nicht gibt. Vielmehr umschreiben Hartmetalle eine Werkstoffgruppe, die sich durch hohe Härte und metallische Eigenschaften von anderen Hartstoffen wie Keramik, Korund oder Diamant unterscheidet. Hartmetall ist demnach ein pulvermetallurgischer Zwei-Phasen-Werkstoff, bestehend aus einer Hartstoffphase und einer Bindemetallphase.

Microscopic image

Mikroskop-Aufnahme

Bei gesintertem Hartmetall werden die harten und spröden Wolframkarbide mit eher weichen, dafür zähen Metallen – Kobalt, Nickel oder Eisen – zu einer Art Verbundwerkstoff kombiniert. Dazu werden im Sinterprozess das Karbidpulver in Korngrößen von 0,1–20 μm mit den zähen Bindemetallen vermischt und dann bei Temperaturen zwischen 1.300° und 1.500°C sowie teils auch hohem Druck bis zu 100 bar miteinander verbunden oder verdichtet. Das ursprüngliche Volumen reduziert sich dabei um bis zu 50 Prozent.

 

Anders als bei der reinen Schmelze sind jedoch keine oder zumindest nicht alle Ausgangsstoffe aufgeschmolzen – eher „zusammengebacken“. Das Bindemetall nimmt dabei den Platz zwischen den Hartmetallkörnern ein und sorgt für eine Art „Hartlötung“ zwischen den Karbiden. Am ehesten lässt sich dieses Gefüge mit Beton vergleichen, bei dem einzelne harte Zuschlagsteilchen wie beispielsweise Kiesel mit Zement fest verbunden werden. 

Welche Hartmetallsorten gibt es und was leisten sie?

 

Hartmetalle haben sich zu einer Art Multitalent entwickelt: Denn immer dann, wenn Werkzeuge und Bauteile extremen Belastungen ausgesetzt sind, spielen Hartmetalle ihre Trümpfe aus. Hohe Härte, Verschleißfestigkeit und Zähigkeit in Kombination mit weiteren, in großem Maße anpassbaren Hochleistungseigenschaften machen Hartmetall zum idealen Werkstoff für eine Vielzahl von Anwendungen. Dazu stehen derzeit weit mehr als hundert verschiedene Hartmetallsorten mit den unterschiedlichsten Zusammensetzungen für spezifische Applikationen zur Verfügung, z. B. für die Stahlbearbeitung, zum Warmwalzen oder für Spritzgussanwendungen, um nur eine kleine Auswahl aufzuführen. 

 

  • cemented carbide

    Vom Erz bis zum fertigen Produkt

     

    Allgemeine Vorteile von Hartmetall im Schnell-Check:

     

    • nutzt sich aufgrund der größeren Härte nicht so schnell ab
    • hält sogar hohen Temperaturen stand
    • wird überall dort eingesetzt, wo Werkzeuge oder Komponenten hohem Verschleiß ausgesetzt sind 
    • bessere Qualität der Werkzeuge und Werkstücke
    • längere Werkzeugstandzeiten
    • erhöhte Prozesssicherheit

Von verschleißfest bis zäh – grenzenlose Möglichkeiten

Hartmetalle lassen sich nicht auf ein bestimmtes Einsatzspektrum beschränken, dafür sind sie zu vielseitig. Denn gerade dort, wo andere Materialien schon längst die Segel gestrichen haben, haben Komponenten aus Hartmetall ihren großen Auftritt – beim Verschleißschutz, in Sachen Standzeiten und Härte sowie bei der Zuverlässigkeit. So avancieren sie nicht zuletzt wegen ihrer großen Bandbreite zwischen Härte, Verschleißfestigkeit und Zähigkeit in der Zerspanung zum Superstar: Zwar ist Diamant das härteste Material, aber aufgrund seiner geringen Bruchzähigkeit in vielen Anwendungen nicht wirtschaftlich nutzbar, wenn überhaupt. Seine enorme Flexibilität erreicht Hartmetall aufgrund seiner Zusammensetzung, die je nach Anwendung entweder eher zäh oder mehr in Richtung optimaler Verschleißfestigkeit ausgelegt werden kann. 

 

In der Abbildung lässt sich die Diskrepanz zwischen den beiden Parametern Verschleißfestigkeit und Zähigkeit aufzeigen, beruhend auf physikalischen Gesetzen. Gäbe es den idealen Schneidstoff – der allerdings vorerst noch nur in der Theorie besteht – wäre er im Diagramm „rechts oben“ zu finden: maximal verschleißfest und zäh.

  • Hartmetall im Vergleich zu anderen Werkstoffen:

     

    • Diamant/PKD: der härteste Werkstoff, den es gibt, er hat jedoch eine relativ niedrige Bruchzähigkeit
    • Hartmetall: durch die Zusammensetzung äußerst flexibel, kann je nach Anwendung entweder mit höherer Zähigkeit oder höherer Verschleißfestigkeit konzipiert werden. Hartmetall kann in sehr unterschiedlichen Anwendungen eingesetzt werden, damit ist es am vielseitigsten einsetzbar
    • Stahl: hohe Zähigkeit, aber geringe Härte
    • Keramik: sehr geringe Dichte, leichter als Hartmetall, ist wärmeleitfähig, hervorragende Härte, geringe Zähigkeit
    • CBN: hohe Härte, geringe Zähigkeit
    • Cermet: hohe Härte, verbindet die Härte von Hartmetall und Keramik miteinander, ist aber weniger zäh
    cemented carbide
  • cemented carbide

    Hartmetalle und ihre Bruchzähigkeit

     

    Ist ein Werkstoff äußeren Belastungen ausgesetzt, entweder statischen oder dynamischen, entstehen unweigerlich mechanische Spannungen. In der Anwendung müssen, besonders bei Stoßlasten, sowohl Festigkeit als auch Verformbarkeit des Werkstoffs beachtet werden. Diese beiden Eigenschaften sind Grundlage des Begriffs Zähigkeit, dem „Widerstandsvermögen gegen Bruch oder Rissausbreitung“. Je größer der Bindemetallgehalt und mit steigender Korngröße nimmt demnach die Zähigkeit zu. 

     

    Entsprechend gibt es große Unterschiede im Zähigkeitsverhalten der Hartmetalle, was sich durch deren Mikrostruktur erklärt: Binderarme Hartmetalle mit geringen Korngrößen neigen zum überkritischen Risswachstum, was zu spontanem Bauteilversagen (durch Risse) führen kann.

Dagegen können in hochbinderhaltigen Hartmetallen mit groben Korngrößen Risse in der Bindermatrix abgelenkt bzw. der Rissfortschritt sogar komplett gestoppt werden. Dieses sogenannte unterkritische Risswachstum verhindert das spontane Versagen der Bauteile in der Regel oder kann es zumindest deutlich verlangsamen.

 

Für solche Fälle gibt es Hartmetallsorten, die auf höchste Bruchzähigkeit ausgelegt sind und beispielsweise für Schmiedehämmer benötigt werden. Sie bearbeiten das Werkstück mit hoher Kraft und müssen einer konstanten Schlagbelastung standhalten, ohne zu versagen, spricht zu reißen. Bezogen auf die Zusammensetzung des Hartmetalls bedeutet dies einen Kobaltanteil von bis zu 30 % bei einer Korngröße von 10 µm.

Fracture toughness diagram

Diagramm Bruchzähigkeit: Vergleich Hartmetallsorten in verschiedenen Korngröβen

Homogene Strukturen erhöhen die Biegebruchfestigkeit

  • Möchte man ermitteln, welche mechanische Festigkeit das jeweilige Hartmetall mitbringt, wird oftmals die Biegebruchfestigkeitsprüfung eingesetzt. Brüche sind meist auf Defekte im Gefüge und an der Bauteiloberfläche zurückzuführen. Demnach unabdingbar: Eine homogene Struktur des Hartmetalls und die Vermeidung von Oberflächendefekten. 

     

    Ist eine möglichst hohe Querbruchfestigkeit gefordert, werden Hartmetallsorten mit mittlerem Kobaltgehalt und kleiner mittlerer Korngröße eingesetzt – zum Beispiel bei Mikrobohrern für Leiterplatten. Sie sind teilweise dünner als ein menschliches Haar und werden beim Bohren hohen Biegekräften ausgesetzt. Um diesen Kräften zu widerstehen, kommen für solche Bohrer HM-Sorten mit ca. 8,5 % Kobaltgehalt und einer WC-Korngröße von <0,5 µm infrage.

    cemented carbide
Transverse rupture strength diagram

Diagramm Biegebruchfestigkeit: Vergleich Hartmetallsorten in verschiedenen Korngröβen

Kobalt-Leaching reduziert die Korrosionsbeständigkeit

  • cemented carbide

    Korrosion – der Schrecken in jeder Produktionshalle. Denn reagiert ein metallischer Werkstoff mit seiner Umgebung, resultiert das unweigerlich in einer messbaren Veränderung des Werkstoffs. Somit ist in den meisten Fällen die Funktion eines metallischen Bauteils beeinträchtigt – bis hin zum Totalausfall und fatalen Folgen für den gesamten Prozess.

     

    Auch Hartmetalle bleiben davon nicht verschont. So bewirkt Korrosion in sauren wässrigen Lösungen (pH < 7) eine Oberflächenverarmung der Bindephase – an der Oberfläche bleibt im schlimmsten Fall nur noch ein Karbidskelett zurück. Durch diese Kobaltauslaugung oder Co-Leaching wird die Bindung benachbarter Karbidkörnchen geschwächt, während die Zerstörungsrate stetig zunimmt. Und sinkt der pH-Wert, verschärft sich auch die Korrosionsneigung.

Bei an sich schon niedrigem Bindemetallgehalt ist das Karbidskelett stärker ausgebildet, folglich haben solche Hartmetallsorten eine etwas höhere kombinierte Verschleiß- und Korrosionsfestigkeit als entsprechende Hartmetalle mit höherem Bindemetallgehalt. Leider reicht das nicht zur Entwarnung, denn in der Praxis reicht diese Wirkung längst nicht aus, um die Lebensdauer signifikant zu verlängern. Wegen ihrer begrenzten Korrosionsfestigkeit sind reine WC-Co-Hartmetalle daher in Anwendungsbereichen mit schwierigen Korrosionsbedingungen oft ungeeignet. Da hilft nur noch auf reine Co-Binder zu verzichten und stattdessen Materialien wie Co/Cr, Co/Ni oder Ni/Cr zu nutzen. 

 

In stark basischen Medien (ab pH 11) wird die Karbidphase, also das Wolframcarbid, durch Korrosionsmechanismen gleichmäßig abgetragen. So kommt es zu einer geringfügig erhöhten Zerstörungsrate – was sich am Bauteil wiederum in erhöhtem Verschleiß bemerkbar macht.

Comparison of standard grades and corrosion-resistant grades

Vergleich Standard-Sorten und korrosionsbeständige Sorten (Mikroskopaufnahmen)

Anwendungsoptimierte Hartmetalle bringen Leistung satt

 

Kaum eine Anwendung ist mittlerweile noch Standard – jede verlangt ihren individuellen Ansatz. Und für Hartmetalle? Gilt das Gleiche, denn je nach Einsatz sind eben bestimmte Eigenschaften wichtiger als andere. Daher steht am Anfang immer die Auswahl der richtigen Hartmetallsorte – schließlich gibt es bei einer derart breiten Auswahl auch bereits die für jeden Anwendungsfall optimal ausgelegte Sorte.

 

Hier ist eine hohe Hartmetall-Qualität nötig: Porosität, Gefügeeigenschaften und Fehler in der Mikrostruktur haben starke negative Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften. Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, zahlt es sich aus, auf die Erfahrung und das spezifische Know-how von Premium-Hartmetallherstellern zu setzen. Denn nur so können gezielt die gewünschten Charakteristiken abgestimmt werden, beispielsweise mit dem Zulegieren von Additiven, die z. B. die Hochtemperatur- oder Korrosionsbeständigkeit der Hartmetalle verbessern.

  • Kriterien für ein optimales Ergebnis:

    • Richtige Sortenauswahl
    • Hohe Qualität
    • Feinabstimmung der Eigenschaften
    cemented carbide

Wolframkarbid – die Mutter der allermeisten Hartmetalle

Wie bei allen Hartmetallen verleiht die harte WC-Phase dem Wolframkarbid seine hohe Härte, Warmhärte und Verschleißfestigkeit, während das Bindermetall für eine gute Zähigkeit des Werkstoffs sorgt. Mit einem extrem hohen Elastizitätsmodul verformt sich Hartmetall bei Belastung kaum plastisch. Allein diese Eigenschaftskombination macht Wolframkarbide für eine Vielzahl von Anwendungen interessant. Der Nutzen-Booster ist aber: Die Eigenschaften können in weiten Bereichen variiert werden, weshalb Hartmetalle in sehr unterschiedlichen Anwendungsbereichen einsetzbar sind – je nachdem bei hoher Schlag- oder Biegebeanspruchung ebenso wie bei hoher Verschleißbelastung.

 

Die mit Abstand am häufigsten verwendeten sind die auf WC und Co basierenden Hartmetalle. Sie werden nicht nur in der Metallzerspanung (ISO-Anwendungsgruppe K), sondern auch in Produkten für die Holz- und Steinbearbeitung sowie für viele Verschleißteile eingesetzt. Neben den einfachen WC-Co-Hartmetallen gibt es solche mit Mischkarbiden, die zusätzlich Titan-, Tantal- oder Niobkarbide enthalten. Sie werden sowohl für die Stahlzerspanung (ISO-Anwendungsgruppe P) als auch für Metallsägen eingesetzt.

Sortenvielfalt für breites Anwendungsspektrum

 

Die zahlreichen Hartmetallsorten, die für die unterschiedlichsten Anwendungen benötigt werden, unterscheiden sich in drei grundlegenden Punkten: der mittleren WC-Korngröße (α-Phase), dem Bindemetallgehalt (β-Phase) und dem Gehalt an anderen Legierungsverbindungen (γ-Phase). Mit diesen drei Parametern, insbesondere der WC-Korngröße und dem Bindermetallgehalt, lassen sich die Werkstoffeigenschaften erheblich variieren.

WC-Korngröße: Von extragrob bis nanofein

Seinen Siegeszug hat Hartmetall nicht zuletzt der Ausgewogenheit von Härte und Verschleißfestigkeit sowie der Zähigkeit zu verdanken. Bestimmt werden die genauen Eigenschaften durch die Zusammensetzung des Hartmetalls. Ganz entscheidend: die Auswahl der verwendeten Korngrößen. Dabei gilt, dass je feiner die Legierung ist, desto größer ist ihre Härte und ihre Verschleißfestigkeit.

 

• Nanofeinkorn < 0,2 μm

• Ultrafeinstkorn 0,2 – 0,5 μm

• Feinstkorn 0,5 – 0,8 μm

• Feinkorn 0,8 – 1,3 μm

• Normalkorn 1,3 – 2,5 μm

• Grobkorn 2,5 – 6,0 μm

• Extragrobkorn > 6,0 μm

 

Beispielsweise Feinstkorn. Diese Sorten werden in der Regel für abrasive Werkstoffe verwendet, die zu Materialaufbau und damit hohem Verschleiß neigen. Sie erreichen höchste Kantenstabilität und haben gleichzeitig eine geringe Verklebeneigung. Normalkornsorten bilden den idealen Kompromiss zwischen Zähigkeit und Verschleißfestigkeit – ohne lediglich ein Lückenfüller zu sein: Sie werden häufig eingesetzt, unter anderem bei Buntmetallen oder in Stahl.

Comparison of grain sizes

Vergleich Korngröβen (Mikroskopaufnahmen)

Für die gute Bindung: Bindergehalt bestimmt die Zähigkeit

Die metallische Bindephase der meisten Hartmetalle besteht aus Kobalt. Dabei macht Kobalt etwa 4 % bis 30 % der Gesamtmasse aus – bei den für die Zerspanung genutzten Sorten bis 12 % – und verbessert die Biegebruchfestigkeit gegenüber reinem Wolframcarbid wesentlich. In der Geschichte der Hartmetall-Forschung wurden verschiedene Metalle als Binderphase versucht, doch Kobalt hat sich nachhaltig durchgesetzt: Es geht die stärksten Bindungen mit Wolframcarbid ein und benetzt es sehr gut, da beide in einer hexagonalen Struktur erstarren. 

 

Die WC-Körner haben Durchmesser von 10 µm bis 0,5 µm, kleine verbessern sowohl die Härte als auch die Festigkeit. Sie haben prismatische Formen. Zwischen ihnen befindet sich die Matrix aus Kobalt. Im Idealfall kommen ausschließlich Wolframcarbid und Kobalt vor, falls sich zu wenig Kohlenstoff im Werkstoff befindet bildet sich die Eta-Phase, ein Carbid, mit der Zusammensetzung Co3W3C, das die Festigkeit herabsetzt. Zu viel Kohlenstoff führt dazu, dass elementarer Kohlenstoff (Grafit) vorliegt, der ebenfalls die Festigkeit reduziert. Ein Teil des Kohlenstoffs und des Wolframs ist im Kobalt gelöst.

Legierungsverbindungen – das i-Tüpfelchen in Sachen Performance

Spezialanwendungen benötigen – auch beim Hartmetall – eine Spezialbehandlung. So sorgen spezielle Legierungszusätze für manchmal kleine aber sehr feine Optimierungen, die den entscheidenden Kick für die jeweilige Anwendungen bringen. So werden teilweise noch geringe Mengen an Vanadiumcarbid (VC, bis 0,8 %), Chromcarbid (Cr3C2) oder Tantal-Niob-Carbid (beide bis zu 2 %) als Dotierungszusätze genutzt, weil sie für ein feinkörniges Gefüge sorgen.

Hätten Sie es gewusst? Hier werden Hartmetalle überall eingesetzt!

Hartmetall ist ein wahres Multitalent, das in den unterschiedlichsten Branchen als Klassenprimus in Sachen Verschleißfestigkeit dasteht: Ob in der Umformtechnik, beim Sägen, Bohren und Reiben, beim Fräsen, Abrasiv-Wasserstrahlschneiden, Profilieren und Hobeln, Formen und Gießen, Zerkleinern oder beim Ultraschallschneiden – an applikationsoptimiertem Hartmetall führt kein Weg vorbei.

  • Platten für Gesteinsbohrer

Verschleißfestigkeit hat einen Namen: Hartmetall

Es gibt eine breite Palette an extrem verschleißfesten Produkten aus Hartmetall, die wiederum eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Komponenten für die verschiedensten Branchen umfassen. In der Holz- und Steinbearbeitung wird Hartmetall zum Beispiel in Form von Sägezähnen für Kreissägen und Bohrerplatten für Stahlbetonbohrer eingesetzt. Im Automobilbereich werden verschleißarme Komponenten für Common-Rail-Systeme aus Hartmetall gefertigt. In der Öl- und Gasindustrie hingegen minimieren Hartmetallteile die Ausfallzeiten in Pipelines und bei Explorationsbohrungen. 

 

Egal ob Stanzen, Biegen, Prägen, Umformen, Pulverpressen oder Feinschneiden – mit Aktivteilen aus Hartmetall werden hohe Ausbringungsmengen und Stückzahlen erreicht, sie sind Grundlage für die wirtschaftliche Produktion von Massenteilen. Dafür sorgt die optimierte Schneidkantenstabilität von Schnitt- und Stanzwerkzeugen sowie deren Zuverlässigkeit und Prozessstabilität, gesteigerte Biegebruchfestigkeit und bessere Zugfestigkeit in Kombination mit reduzierter Korrosionsneigung und geringerer Korrosionsgeschwindigkeit. 

 

Aber auch kratzfeste Uhrengehäuse, Teile für die Metallumformung und den Werkzeugbau, Wasserstrahldüsen, Sputtertargets für die Herstellung von diamantähnlichen Kohlenstoffschichten (DLC), Hochdruckwerkzeuge für die Herstellung von künstlichen Diamanten oder Rohlinge für Wälzfräser und Schneidwalzen werden heute aus Hartmetall gefertigt. Spezielle, von der US Food and Drug Administration zugelassene Sorten werden sogar in der Medizintechnik und in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. 

Hartmetall als Superheld für die Zerspanerbranche

 

Hartmetall spielt in der Zerspanung eine herausragende Rolle, weil es eine deutlich bessere Verschleißfestigkeit als Schnellarbeitsstahl (HSS) bietet, höhere Arbeitstemperaturen verträgt und sehr gut auf die Anforderungen verschiedener Prozesse optimiert werden kann. Gleichzeitig ist es preiswerter als z. B. PKD-Werkzeuge (polykristalliner Diamant).

Super hero for the cutting tool sector

Auch heute noch gefordert: Pionierarbeit und Innovationsgeist

Und auch wenn es heute nicht mehr ganz so zugeht wie noch in der Anfangsphase der Forschung: Hartmetall-Entwicklung und -Produktion sind nach wie vor ein breites Feld, bei denen noch längst nicht alle Optionen ausgelotet sind. Dafür arbeiten innovative Unternehmen tagtäglich daran, das für die entsprechende Anwendung jeweils optimale Hartmetall anbieten zu können.

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